Tue, 7 Mar 2023 00:25:39 +0100
Liebe Muministische Aktionsfront,
hier kommt nach nur kurzer Zeit ein neuer Rundbrief, weil sich seit letztem Monat schon wieder Berichtenswertes angehäuft hat. Ich hoffe, es wird Euch nicht zuviel.
Die junge Tove Jansson erprobte Ihre schöpferischen Fähigkeiten auf allen ihr zugänglichen Feldern. Auch das Schreiben, in ausführlichen Briefen und Tagebüchern von klein auf trainiert, gehörte dazu, und so erschienen zwischen 1934 und 1940 in verschiedenen Zeitungen auf den entsprechenden Lese-Seiten, oft selbst illustriert, mindestens elf Kurzgeschichten, die schon verblüffend auf die spätere literarische Produktion vorausweisen. Da geht es, wie später nach den Mumins wieder, um subtile Untertöne in menschlichen Beziehungen, schöpferische Leute in Schaffenskrisen und buntes Erleben zwischen Alt und Jung sowie in der Natur – die Spannweite ist groß und die Feinheit der Beobachtung ebenso.
Diese Geschichten wurden vor einem halben Jahrzehnt von der finnischen Tove-Jansson-Forscherin Sirke Happonen gesammelt und, vermehrt um fünf uneinheitlichere (aber jeweils ebenso lesenswerte) Texte aus den 1960er- bis 1990er-Jahren, in Skandinavien als Buch unter dem Titel »Bulevarden« herausgegeben.
Mitte des Monats erscheint der Band nun unverhofft auf Deutsch, so dass auch wir uns ein Bild von der frisch erblühten erzählerischen Kraft Tove Janssons in ihren Zwanzigern machen können.
Tove Jansson
Der Boulevard. Erzählungen
Verlag Urachhaus
ISBN 978-3-8251-5347-2
ca. 240 Seiten
22,90 €
Die französische Illustratorin Pénélope Bagieu veröffentlicht seit einigen Jahren unter dem Reihentitel »Culottées« comicartige Kurzbiographien bedeutender oder sonstwie ihr Ding durchziehender Frauen aller Zeiten und Kulturen. Eine Folge ist dabei, die stellt auf sechs Seiten das Leben von Tove Jansson dar – auch in deutscher Übersetzung im Band »Unerschrocken« (Reprodukt Verlag, ISBN 978-3-95640-279-1) enthalten.
Weil alle Geschichten immer irgendwie weitergehen (besonders die erfolgreichen oder zumindest -versprechenden), sind mit der Zeit 30 Comic-Kurzbiographien von Pénélope Bagieu in kurze Filmversionen umgewandelt worden, die auch vom deutschen Fernsehen übernommen wurden und noch bis Ende des Jahres in der ARD-Mediathek anzusehen sind. Dieser Link müsste einigermaßen direkt zur Tove-Jansson-Folge hoppeln:
http://www.google.com/search?q=ard+mediathek+unerschrocken+tove+jansson&btnI
Wenn ich meinen persönlichen Senf dazu geben soll, so ist das Ganze a) ganz anders als die Comic-Version, also komplett und fast ohne Überschneidungen neu gezeichnet, b) reichlich schnell und c) inhaltlich auch nicht völlig zuverlässig. Aber so geht Fernsehen wohl (ich habe seit dem 18. Lebensjahr, also über ein Dritteljahrhundert, kein TV-Gerät mehr, kann mich also nur ab und an wundern). Auf der anderen Seite ist niemand Geringeres als die Kult-Schauspielerin Anke Engelke die Sprecherin. Schaut es Euch einfach selbst an und bildet Euch eine eigene Meinung, aber nehmt nicht alles für bare Münze; allzu viel Zeit ist ja nicht zu investieren ;-)
Da habe ich immer noch nicht ausführlicher über den »Tove«-Film geredet, schon steht die Nachricht ins Haus, dass Hollywood das erfolgreichste und für viele auch schönste Erwachsenenbuch Tove Janssons ins Visier genommen hat: Das »Sommerbuch« wird verfilmt! Wir erinnern uns: ein episodenhaft hin und her springendes Kammerspiel zwischen alter Frau und kleinem Mädchen auf einer Insel, im Hintergrund eine nicht richtig sichtbare Vater/Sohn/Zwischengenerations-Gestalt. Ganz zauberhaft. Man müsste es direkt wieder mal lesen (wer es nicht hat: sofort kaufen! Antiquarisch bekommt man sogar noch die schöne ältere Übersetzung von Dorothea Bjelfvenstam beim List Verlag oder dtv). Kann man das verfilmen? Keine Ahnung. Soll man es versuchen? Der alte Streit.
Die Rolle der Großmutter wird von der weltbekannten Glenn Close übernommen, den Vater verkörpert (wenn sie das Buch ernst nehmen, höchstens aus der Ferne in Rückenansicht und ohne Text, doch mir schwant, dass es anders wird) der Norweger Anders Danielsen Lie, die Besetzung des Kindes ist noch nicht verkündet. Die Dreharbeiten sollen dieses Jahr in Finnland stattfinden, und alles zusammen hat den Segen der Moomin-Imperiumsleiterin Sofia Jansson, immerhin eine der beiden Hauptfiguren des Buches (wenn dort auch nicht namentlich genannt).
Wanderer, kommst Du vor Ende April nach Stockholm – Du könntest dort ins Stadttheater gehen und Dir das »Sommerbuch« schon mal als Bühnenstück anschauen, an seltenen Tagen sogar mit englischen Übertiteln. Die Bearbeitung für die Bühne besorgte Pipsa Lonka. Die Premiere war vor ein paar Tagen, und die Kritik scheint zufrieden. Hier gibt es (auf Schwedisch) Informationen zum Stück und eine Liste der Spieltermine:
https://kulturhusetstadsteatern.se/teater/sommarboken-av-tove-jansson
Damit beste Grüße!
Zépé / Christian
(... und die kleine My stößt auch schon mal auf den bevorstehenden Frühling an, siehe Bild)
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